Polylux-Projekt: Der Digitale Sorbische Ortsnamenatlas (DSO)

MedienGesellschaft | Lesezeit: 3 Min.

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Bevor die Gebiete zwischen Saale und Neiße von deutschen Siedlern eingenommen wurden, erschlossen bereits ab dem 6. Jahrhundert slavische Stämme diese Areale des heutigen Sachsens bis hinein nach Ostthüringen, dem südlichen Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie dem westlichen Teil Oberfrankens. Heute leben nur noch in der Lausitz autochthone Slaven, die Sorben/Wenden. Alle anderen slavischen Stämme assimilierten oder wurden vertrieben. Sie hinterließen jedoch ihre Spuren: Orts-, Gewässer- oder auch Flurnamen.


Slavischen Toponymen auf der Spur

Einige Wissenschaftler haben in diesen Bereich bereits großartige Vorleistung erbracht und eine Sammlung slavischer Ortsnamen im betreffenden Gebiet zusammengetragen, darunter Walter Wenzel, Ernst Eichler oder auch Hans Walter. Dabei bilden unter anderem das dreibändige „Historische Ortsnamensbuch von Sachsen“ sowie die vier Bände „Slawische Ortsnamen zwischen Saale und Neiße“ die wichtigste Grundlage dieser Arbeit. Weiteren Aufschluss über die Entstehung und Systematik slavischer Ortsnamen gibt der Band „Slawen zwischen Saale und Neiße“ von Walter Wenzel.

All diesen wissenschaftlichen Publikationen ist gemein, dass sie die ältesten sprachlichen Überlieferungen erforschen, die es in diesem Gebiet gibt. Die Auseinandersetzung mit diesen slavischen Ortsnamen bietet die Möglichkeit, Rückschlüsse zu ziehen auf die Herkunft der Siedler sowie deren damalige sprachlichen Eigenheiten. So konnte Walter Wenzel mit Vergleichen zwischen Ortsnamen im heutigen Deutschland und Ortsnamen in Tschechien die archäologischen Befunde auch linguistisch belegen, dass die westlichen Sorben, die zur damaligen Zeit zwischen Saale und Elbe lebten aus dem Böhmichen und Mährischen kamen, während die heutigen Ober- und Niedersorben/Wenden wohl eher aus dem heutigen Polen von der Weichsel her kamen.

Der slavische Ortsnamenatlas

Walter Wenzel stellt in seinem Band „Slawen zwischen Saale und Neiße“ aus dem Jahre 2021 bereits heraus, wie wichtig eine Erarbeitung eines slavischen Ortsnamenatlasses für diese Region ist. Das Ziel eines solchen Atlasses ist nach Wenzel eine Übersicht der Klassifizierung der Ortsnamentypen, die sich im Bereich der sorbischen Ortsnamen, der tschechischen und der polnischen Ortsnamen ausgeprägt hat.

Wie bereits erwähnt, lässt diese spezifische Toponomastik (= Ortsnamenkunde) Rückschlüsse auf die sprachlichen Gegebenheiten der Entstehungszeit sorbischer Siedlungen im Raum zwischen Saale und Neiße. Mit dem Beginn der deutschen Ostkolonisation verschwand auch zunehmend die ursprünglich gesprochene sorbische Sprache der ursprünglich slavischen Siedler. Es gibt keine schriftlichen Überlieferungen des Sorbischen zwischen Saale und der heutigen Lausitz. Als einzige „Bastion“ konnten die Nachfahren der Milzener (die Vorfahren der heutigen Obersorben) und die Lusitzi (die Vorfahren der heutigen Niedersorben/Wenden) ihre Sprachen erhalten, wenn auch die Sprecherzahlen seit vielen Jahren rückläufig sind und gerade das Niedersorbische/Wendische zunehmend gefährdet ist.

Ziel des Digitalen Sorbischen Ortsnamenatlasses (DSO)

Der Digitale Sorbische Ortsnamenatlas soll eine Sammlung aller Ortsnamen werden, die sorbischen Ursprungs sind und zwar zwischen Saale und Neiße. Er soll in digitaler Form die Daten, Hypothesen und Erklärungen sammeln, wie welcher Ortsname entstand und der Atlas soll zugleich insgesamt Rückschlüsse darüber zulassen, wie vor allem die sorbische Sprache zwischen Saale und der heutigen Lausitz ausgesehen haben könnte. Daraus könnte zu einem späteren Zeitpunkt ein Wörterbuch der altsorbischen Sprache entstehen, welches diese gewonnen Kenntnisse konzentrieren kann.

Der Digitale Sorbische Ortsnamenatlas (DSO) wird als Projekt des Online-Mediums Polylux auf Basis von Google Maps erstellt und ist für jedet mit Internetzugang abrufbar. Der Atlas wird von Zeit zu Zeit weiter wachsen und immer mehr Toponyme aufnehmen. In den Einzelnen Beiträgen werden dann der veranschlagte altsorbische Name, die bisherigen urkundlichen Erwähnungen und die Herleitung des altsorbischen Namens erklärt. Zudem wird auf Quellen verwiesen, die für denjenigen spezifischen Ortsnamen heranzuziehen sind, um die Erklärung nachvollziehen zu können.

 
 

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Reik Kneisel

Ich lebe in Kiel, komme ursprünglich aus Mittelsachen. Beruflich bin ich Projektmanager, Verleger und Herausgeber. Ich bin studierter Slavist und Kunsthistoriker. Seit Frühjahr 2024 betreibe ich das Online-Magazin Polylux sowie das Verlagshaus Reik Kneisel.

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(hsb) Projekt Polyluxa: Digitalny serbski atlas městnych mjenow

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